1. Insolvenzverfahren Österreich – Wann muss ich einen Insolvenzantrag stellen?

Es ist als erster Schritt die Insolvenzreife festzustellen.

Bei einer GmbH oder AG ist die Überschuldung mit negativer Fortbestehungsprognose ein Insolvenztatbestand. Ein weiterer Insolvenztatbestand ist die Zahlungsunfähigkeit.

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner bzw. das Unternehmen nicht in der Lage ist, seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen und sich die erforderlichen Mittel voraussichtlich alsbald verschaffen kann.

Überschuldung bedeutet wiederum, dass die positiven Vermögenswerte des Unternehmens weniger Wert sind als die Schulden des Unternehmens. Wenn das Eigenkapital (GK, Kapitalrücklagen, Gewinnrücklagen, gesetzliche Rücklagen) durch Verluste aufgebraucht ist, so liegt ein negatives Eigenkapital vor. Negatives Eigenkapital allein bedeutet jedoch noch keine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes. Die im Konkursrecht relevante Überschuldung erfordert neben der rechnerischen Überschuldung, zusätzlich eine negative Fortbestehungsprognose. Negatives Eigenkapital ist als solches in der Bilanz auf der Passivseite zu verzeichnen. Im Rahmen der Offenlegung ist das Vorliegen von negativem Eigenkapital im Anhang zu erläutern, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes gegeben ist. Es besteht eine Erläuterungspflicht und es ist eine Fortbestehungsprognose vorzunehmen.

Der Insolvenztatbestand der Überschuldung gilt nur für juristische Personen wie GmbH oder AG. Für natürliche Personen ist nur der Insolvenztatbestand der Zahlungsunfähigkeit maßgeblich.

2. Welche weiteren Schritte muss ich nun setzen, wenn der Konkurstatbestand der Überschuldung bzw. der Zahlungsunfähigkeit vorliegt?

Der Insolvenzantrag ist verpflichtend binnen 60 Tagen ab Zahlungsunfähigkeit beim zuständigen Landesgericht als Handelsgericht (bzw. Handelsgericht Wien) am Firmensitz des Unternehmens einzubringen (siehe oben).

3. Wer ist verpflichtet einen Insolvenzantrag einzubringen?

  • Bei Einzelunternehmen: die natürliche Person (Inhaber)
  • Bei Personengesellschaften: alle vollhaftenden Gesellschafter
  • Bei einer GmbH: der handelsrechtliche Geschäftsführer

4. Wie muss ich einen Insolvenzantrag stellen? Welche Unterlagen werden benötigt?

Mit dem Insolvenzantrag sind nachfolgende Unterlagen bzw. Urkunden vorzulegen sind:

  • Gläubigerliste samt Schuldenstand
  • Firmenbuchauszug
  • Gesellschaftsvertrag
  • Vermögensverzeichnis samt Vermögensstatus
  • Kreditorenliste (ohne Dienstnehmer)
  • Debitorenliste
  • Bilanzen der letzten 3 Jahre
  • Anlagenverzeichnis
  • Inventarliste
  • Dienstnehmerliste

5. Wie kann ich die Kosten für das Insolvenzverfahren decken?

Eine weitere wesentliche Voraussetzung zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist die Bescheinigung eines kostendeckenden Vermögens. Gleichzeitig mit dem Antrag auf Insolvenzeröffnung kann ein Kostenvorschuss bis zu € 4.000,00 (Regelfall) beim zuständigen Konkursgericht einbezahlt werden. Der Geschäftsführer einer GmbH haftet für die Kosten des Insolvenzverwalters bis zu diesem Betrag. Wird der Kostenvorschuss nicht aus dem Vermögen des insolventen Unternehmens, sondern von dritter Seite bezahlt, dann besteht die Möglichkeit – bei Massezulänglichkeit-  den Kostenvorschuss als Masseforderung vom Insolvenzverwalter wieder rückerstattet zu erhalten. Ist kein kostendeckendes Vermögen vorhanden und wird ein Kostenvorschuss nicht bezahlt, wird der Insolvenzantrag mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. Die wesentliche Konsequenz liegt darin, dass die Gewerbeberechtigung entzogen wird und sohin die Fortführung des Unternehmens gefährdet ist. Es laufen auch die anhängigen Exekutionen weiter.

Die Deckung der Anlaufkosten des Konkurses kann durch das vorhandene Anlagevermögen gedeckt werden, sofern dem Gericht eine voraussichtliche Verwertung in Höhe über € 4.000,00 bescheinigt wird.

6. Was passiert nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet ist?

Das Gericht bestellt einen Insolvenzverwalter mit Beschluss. Der Insolvenzverwalter wird unverzüglich mit dem Geschäftsführer der GmbH bzw. dem Einzelunternehmer ein Erstgespräch führen.

Es stellt sich primär die zu prüfende Frage, ob das Unternehmen, sofern es zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht geschlossen war, fortgeführt wird. Dies hängt im Wesentlichen von einer positiven Fortbestehungsprognose ab. Ich empfehle Ihnen, unverzüglich durch Ihren Steuerberater eine positive Fortführungsrechnung dem Insolvenzverwalter vorzulegen, sofern Sie vorhaben, das Unternehmen fortzuführen.

Ich empfehle Ihnen bei der Vorbereitung des Insolvenzantrages jedenfalls eine steuerrechtliche Beratung sowie auch einen Fachanwalt für Insolvenzrecht beizuziehen.

Die Notwendigkeit der Beiziehung eines Fachanwaltes für Insolvenzrecht liegt insbesondere darin, dass nach Eröffnung des Konkursverfahrens unverzüglich der Insolvenzverwalter bestellt wird und dieser ab dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung für das Unternehmen verantwortlich ist. Der Insolvenzverwalter hat unverzüglich die Pflicht, sämtliches Anlage- und Umlaufvermögen zu inventarisieren und sicherzustellen. Die Entscheidung, ob ein Unternehmen fortgeführt wird, erfolgt unverzüglich in den ersten Tagen nach der Insolvenzeröffnung.

7. Kann das Unternehmen nach Konkurseröffnung fortgeführt werden?

Gemäß § 114a Abs. 1 IO hat der Insolvenzverwalter das Unternehmen bis zur Berichtstagsatzung fortzuführen, es sei denn, es ist offenkundig, dass eine Fortführung des Unternehmens zu einer Erhöhung des Ausfalls führen wird, den die Insolvenzgläubiger erleiden. Solange das Unternehmen fortgeführt wird, kann es nur als Ganzes oder nur dann veräußert werden, wenn der Verkauf offenkundig dem gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger entspricht. Das heißt, führt der Insolvenzverwalter das Unternehmen bis zur Berichtstagsatzung fort, besteht grundsätzlich eine Verwertungssperre. In der Praxis zeigt sich, dass der Insolvenzverwalter nur dann das Unternehmen fortführt, wenn nachweislich eine positive Auftragslage besteht und auch sämtliche Fixkosten gedeckt sind. Das Unternehmen muss jedenfalls über eine ausreichende Liquidität zur Fortführung verfügen. Darüber hinaus ist auch wesentlich, dass die gesamte Buchhaltung nicht mangelhaft und auch lückenlos dem Insolvenzverwalter vorgelegt werden kann. Die Entscheidung über Ihr wirtschaftliches Schicksal nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt innerhalb eines äußerst kurzen Zeitraumes.

Haben Sie eine Fortführung des Unternehmens im Insolvenzverfahren vor, sollte im Insolvenzverfahren ein Sanierungsverfahren beantragt werden. Im Insolvenzverfahren in Österreich ist ein Sanierungsverfahren eingebettet und haben Sie im Sanierungsverfahren die Möglichkeit, Ihr Unternehmen (GmbH oder Einzelunternehmen) zu sanieren und den Konkursgläubigern einen Sanierungsplan anzubieten. Ob ein Unternehmen fortgeführt werden soll, entscheidet sich sohin in einem sehr kurzen Zeitraum und es sollte vor dem Erstgespräch mit dem Insolvenzverwalter bereits sämtliche erforderlichen Unterlagen und Daten vorliegen, sodass der Insolvenzverwalter unverzüglich prüfen kann, ob das Unternehmen im Insolvenzverfahren fortgeführt werden kann.

Problematisch ist in der Praxis, dass Konkursgläubiger gemäß § 70 IO auch die Möglichkeit haben, einen Konkursantrag einzubringen. Findet das Konkursgericht von amtswegen ein kostendeckendes Vermögen und liegt der Konkurstatbestand der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vor, kann das Gericht von amtswegen auch gegen Ihren Willen (als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH oder als Einzelunternehmer) das Konkursverfahren eröffnen. Gerade die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft sowie die Gebietskrankenkasse stellen bei Abgabenrückständen über einen Zeitraum von länger als sechs Monaten rasch Insolvenzanträge. Das Konkursgericht ist verpflichtet, die Überschuldung bzw. die Zahlungsunfähigkeit von Amts wegen zu prüfen und es ist eine Zurückziehung des Konkursantrages durch den Gläubiger nicht möglich. Sie können daher die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit der Bezahlung der Verbindlichkeiten gegenüber dem Konkursgläubiger, der den Insolvenzantrag eingebracht hat, nicht abwenden, sofern das Konkursgericht feststellt, dass auch mehrere oder zahlreiche Verbindlichkeiten gegenüber anderen Gläubigern bestehen.

Nach der Einbringung eines Insolvenzantrages kommt es zur Anberaumung einer Tagsatzung vor dem Konkursgericht. Ich empfehle Ihnen, sofern ein Konkursantrag von einem Gläubiger eingebracht wird, bis zur Tagsatzung zur Prüfung der Insolvenzeröffnung vor dem Konkursgericht unverzüglich einen Fachanwalt für Insolvenzrecht zu bevollmächtigen und zu beauftragen, der Sie über die gesamte Rechts- und Sachlage ausführlich berät und vor allem Ihre Interessen vertritt. Es muss insbesondere geklärt werden, ob Ihr Unternehmen fortgeführt oder geschlossen werden soll. Möchten Sie Ihr Unternehmen fortsetzen, dann ist unverzüglich ein Steuerberater beizuziehen und die wesentlichen Urkunden und Rechtsgrundlagen zur Fortführung abzuklären. Insbesondere muss geklärt werden, ob der Antrag auf Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mit oder ohne Eigenverwaltung eingebracht werden kann. Damit kann vorerst die Verwertung und Zerschlagung Ihres Unternehmens verhindert werden und es ist im Rahmen des Sanierungsverfahrens mit den Gläubigern ein Sanierungsplan zu vereinbaren.

Ich stehe Ihnen gerne als Fachanwalt für Insolvenzrecht zur Vorbereitung des Insolvenzantrages zur Verfügung. Unsere Rechtsanwaltskanzlei vertritt Sie in ganz Österreich in Insolvenzverfahren, Sanierungsverfahren, Schuldenregulierungsverfahren (Privatkonkurs).

Ihr Fachanwalt für Insolvenzrecht: Rechtsanwalt KALTSEIS in Wels-Thalheim!

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